Grüne und Unabhängige lehnen Haushalt 2023 ab!

Rede von Sabine Steininger, Fraktionsvorsitzende

22.02.23 –

Grüne und Unabhängige lehnen Haushalt 2023 ab!

Lethargie und Ignoranz beim Klimaschutz, Pauschalkürzungen anstelle einer neuen Systematik bei der Haushaltserstellung, Festhalten an Prestigeprojekten. Dies sind nur einige Gründe für das Nein der Stadtratsfraktion zum diesjährigen Haushalt.

In einer ebenso knackigen wie fulminanten Haushaltsrede legt Fraktionsvorsitzende Sabine Steininger die Schwächen der Stadtspitze offen.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

sehr geehrte Damen und Herren,

zunächst darf ich mich im Namen unserer Fraktion noch einmal herzlich bei allen bedanken, die an der Erstellung des Haushalts 2023 beteiligt waren. Insbesondere beim Finanzreferenten und seinem Team, die die Anmeldungen zusammenführen und in bestimmten Kontengruppen so kürzen mussten, dass der Haushalt im Prinzip genehmigungsfähig sein könnte.

Für das Jahr 2023 beliefen sich die Investitionsausgaben bei der Haushaltseinbringung im Ansatz auf sagenhafte 135,9 Mio. €. Und dies, obwohl im Jahr 2022 bei einem Ansatz von 78,50 Mio. € trotz gestiegenerPreise und Inflationsrate lediglich 50,9 Mio. € realisiert werden konnten.

Auch im dritten Jahr seiner Amtszeit bleibt Oberbürgermeister Ebersberger weit hinter dem gemeinsamen Antrag seiner Fraktion sowie der Fraktionen der SPD, des Jungen Bayreuths und der Fraktionsgemeinschaft zurck, die im Dezember 2019 von Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe forderten, die neben der Sonderinvestition Stadthalle geplanten Investitionen – gemeint waren der Erwerb von Grundstücken und Gebäuden, von beweglichem Sachvermögen und Baumaßnahmen - auf 25 Mio. € zu begrenzen. Angesichts eines Gesamtinvestitionsvolumens in Höhe von 134,3 Mio. € am Ende der ganztägigen Haushaltsberatung lässt sich feststellen, dass Theorie und Praxis doch sehr weit auseinander liegen, und dass der fragliche Antrag nur dazu diente, um die damalige Oberbürgermeisterin unter Druck zu setzen, und um in der Bevölkerung wenige Monate vor der Wahl den Eindruck zu erwecken, dass sie es nicht könne.

Anstatt ihre Mehrheit jetzt zu nutzen, und an der Systematik der Haushaltserstellung etwas zu ändern, praktizieren Oberbürgermeister Ebersberger und seine Unterstützer ein Weiterso.

Für unsere Fraktion ist die Tatsache, dass die Arbeitsgruppe „Strukturelle Haushaltskonsolidierung“ jetzt leisten soll, was Aufgabe des Oberbürgermeisters und seiner Verwaltung gewesen wäre, eine einzige Bankrotterklärung. Nicht genug damit, um weitere investive Projekte, die jährliche Folgekosten im sechsstelligen Bereich mit sich bringen, voranzutreiben, verweist Oberbürgermeister Ebersberger darauf, dass es den Freistaat Bayern auch noch gäbe, und dass die Stadt Hof vor Jahren vieles erreicht hätte, obwohl sie unter der Finanzaufsicht der Regierung von Oberfranken gestanden hatte. Ein solches Handeln ist unseriös, verantwortungslos und defätistisch.

Wir machen keinen Hehl aus unserer Enttäuschung, dass die einzige Möglichkeit, Investitionen und deren Folgekosten und somit die Auswirkungen auf den Saldo aus laufender Verwaltungstätigkeit abzumindern, nicht ergriffen wurde. Oberbürgermeister, beide Bürgermeister und eine Mehrheit des Stadtrats halten unverdrossen am Vorhaben RIZ fest. Trotz kritischer Aussagen der Befürworter in der Debatte, die eigentlich keine Vorteile, insbesondere keine nennenswerten Einnahmen für die Stadt Bayreuth erkennen lassen. Es wurde freimütig eingeräumt, dass wir keinen Platz für Unternehmensneuansiedlungen hätten, dass Startups in der Regel kaum Gewerbesteuer zahlen würden, dass sich der Freistaat Bayern lediglich mit einem Investitionskostenzuschuss am Gründerzentrum, nicht jedoch am Innovationsteil, beteiligen würde. Dabei ist noch völlig unklar, welche Betriebsform gewählt werden wird, und welche Dienstleistungen seitens der Stadt im Innovationsteil erbracht werden sollen. Respekt habe ich vor den Kolleginnen und Kollegen, die die Zeichen der Zeit erkannt haben, und die den Mut hatten, ihre Meinung zu ändern und in namentlicher Abstimmung dazu zu stehen. Euch vielen Dank!

Auch wenn die Mehrheit am dringend erforderlichen Ersatzneubau der Gewerblich Technischen Berufsschule festhält, und zwischenzeitlich auch der Oberbürgermeister in diesem Zusammenhang wie wir bereits seit Jahren von der Förderung des Wirtschaftsstandortes Bayreuth spricht, so haben wir mit Sorge die Wortmeldungen zur Kenntnis genommen, die fordern, das Projekt zu stoppen, und noch einmal zu überlegen, was man anders machen könnte. Diese Überlegungen fanden schon statt, als ich 2009 in den Bayreuther Stadtrat nachgerückt bin. Wie weit könnten wir sein, hätten wir seinerzeit nicht immer wieder andere Bauprojekte bevorzugt behandelt.

Ähnliches gilt für das Stadtarchiv. In diesem Zusammenhang sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um eine Pflichtaufgabe handelt.

Den Unmut, angesichts unseres Antrags, den Kraftraum im Kunsteisstadion nicht zu errichten, können wir gut nachvollziehen. Dieser Antrag richtete sich keinesfalls gegen den Eishockeysport, den Breitensport und schon gar nicht gegen die Nachwuchsarbeit im Sport. Vielmehr geht es darum, die Stadtverwaltung und an Ihrer Spitze den Oberbürgermeister nun endlich zum Handeln in Sachen Zukunft der Sportstadt Bayreuth zu bewegen. Kollege Kämpf hatte ein Sportkonzept beantragt, unsere Fraktion hatte diesen Antrag ergänzt um die Aspekte Klima und Ökologie und passiert ist – nichts! Angesichts der Auflagen der Regierung von Oberfranken, die sog. Freiwilligen Leistungen nicht weiter zu

erhöhen, sondern zu reduzieren, müssen wir angesichts steigender Unterhalts- und Betriebskosten handeln, und zwar jetzt. Dazu gehört auch der Mut, über neue Modelle im Hinblick auf die Finanzierung von Betrieb, Unterhalt und Errichtung von Sportstätten nachzudenken, am besten in einem qualifizierten moderierten Prozess.

Generös zeigte sich die Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen auch im Bereich Kultur. Dabei wurde verstetigt, was bisher einmalig sein sollte, bzw. ursprünglich für einen Dreijahreszeitraum geplant war: So gibt es erneut einen Sonderzuschuss in Höhe von 135.000 € für eine Highlightveranstaltung der Musica Bayreuth e.V., wobei es sich nach Angaben des Kulturreferenten allerdings nicht um eine, sondern um mehrere Veranstaltungen handeln soll. Mit immerhin 340.000 € - anstelle der ursprünglich 390.000 € - bedenkt die Mehrheit des Stadtrats die Barock-Festspiele Bayreuth gGmbH. Und so bekommt Dr. Clemens Lukas für die Veranstaltungen der Musica Bayreuth e.V. und für die Barock-Festspiele Bayreuth gGmbH zusammen ein Drittel der Freiwilligen Leistungen, die im Bereich Kultur und Heimatpflege zur Disposition stehen.

Doch dies alles sind nur Petitessen im Hinblick auf das Totalversagen des Oberbürgermeisters in Sachen Klimaschutz. Es ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert, dass Kollege Gert Dieter Meier darauf verweist, dass im Haushalt kaum Mittel dafür enthalten seien. Und das, obwohl Oberbürgermeister Ebersberger das Wort „Umwelt“, bzw. „Klima“ in seiner Haushaltsrede immer wieder strapaziert hat. Zu finden sind dann aber hauptsächlich Pflichtaufgaben, wie z.B. die Sanierung des Klärwerks, die noch dazu mittels Gebühren finanziert wird. Nach äußerst langwierigen, über ein Jahr andauernden Vertragsverhandlungen zwischen der Stadt Bayreuth auf der einen Seite und den Stadtwerken Bayreuth auf der anderen, scheint die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED nun endlich voranzukommen. Freiwillige Leistungen, um das Bemühen der Bayreuther Bürgerinnen und Bürger für mehr Klimaschutz zu unterstützen wurden jedoch gestrichen, so z. B. der Zuschuss für die Anschaffung von Lastenrädern, oder erst gar nicht in den Leistungskatalog aufgenommen, wie z.B. der Antrag unserer Fraktion, die Errichtung von Photovoltaikanlagen oder Zisternen zu fördern. Andere Leistungen, wie die kostenlose Erstberatung zur Energieeinsparung in Gebäuden werden mit einem lächerlichen Betrag in Höhe von 7.500 € bedacht.

Immerhin wurde der Ausbau der Dr.-Konrad-Pöhner-Straße/ Universitätsstraße, besser bekannt als Turbokreisel, in diesem Jahr nicht nur von uns und einigen wenigen Kollegen abgelehnt, sondern von einer hinreichenden Mehrheit. Allerdings gab es kaum Unterstützung für unseren Antrag, die Erschließung des Sondergebiets Logistik abzulehnen. Angesichts der immer rascher voranschreitenden Klimakrise halten wir eine derartige Unternehmsansiedlung, die für ein stark erhöhtes Verkehrsaufkommen sorgen wird, nur wenige qualifizierte Vollzeitarbeitsplätze schaffen und kaum nennenswerte Gewerbesteuer entrichten wird, für entbehrlich.

Angesichts der fulminanten Vorwergerklärung des Kollegen Fraktionsvorsitzenden Bauske hatten wir kurze Zeit die Hoffnung, dass im Zuge der Haushaltsplanberatung noch Veränderungen hin zu mehr Nachhaltigkeit im Hinblick auf den Einsatz der finanziellen Mittel der Stadt und der Klimawirksamkeit zahlreicher Projekte möglich sein könnten. Enttäuscht mussten wir einmal mehr feststellen: Hunde die bellen, beißen nicht. Am Ende wird der Haushalt mehrheitlich zwar kritisiert, jedoch nicht abgelehnt.

Wäre man all unseren Streichanträgen gefolgt, so die Berechnung meiner Fraktionskollegin Johanna Schmidtmann, hätten wir in Summe bis ins Jahr 2026 um die Investitionskostenzuschüsse bereinigt allein 29,5 Mio. € im Investitionsprogramm eingespart. Folgekosten, die wiederum den Saldo aus laufender Verwaltungstätigkeit beeinflussen, nicht mit eingerechnet.

Im Hinblick auf die Tatsache, dass der Haushalt 2023 ein von Ignoranz und Lethargie geprägtes Weiterso. darstellt, und der Herausforderung unserer Zeit, der Klimakrise, noch nicht einmal ansatzweise Rechnung trägt kann unsere Fraktion diesen nur ablehnen.

Vielen Dank!

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