Antrag vom 22. Juli 2009

 

Umbenennung Hans-Meiser-Straße

hier: Namensvorschlag

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

Mit diesem Antrag beziehe ich mich auf den Antrag vom 16.08.2007 auf Umbenennung der Hans-Meiser-Straße, den ich namens meiner Fraktion gestellt habe und über den bis zum heutigen Tag kein Beschluss gefasst ist. Möglicherweise ist die sich schon fast zwei Jahre hinziehende Behandlung ja teilweise auch dadurch zu erklären, dass bislang kein konkreter Umbenennungsvorschlag vorliegt. Von daher beantrage ich nun für die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen und Unabhängigen die bisherige Hans-Meiser-Straße in

 

Lore-Gollwitzer-Straße

 

umzubenennen.

 

Frau Lore Gollwitzer wurde am 20.11.1916 als Lore Spieß in Affaltertal / Fränkische Schweiz geboren. Als Pfarrerstochter wurde sie in ihrem Elternhaus geprägt in der Haltung eines lebensbejahenden, sozial engagierten Christentums.

Aus ihrer 1937 geschlossenen Ehe mit Wilhelm Gollwitzer gingen sieben Kinder hervor.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde ihr zunehmend bewusst, wie Menschen aufgrund ihres jüdischen Glaubens, aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer missliebigen Volksgruppe, aufgrund einer Behinderung oder einer kritischen politischen Haltung dem NS-Regime gegenüber sozial ausgegrenzt, schikaniert und ermordet wurden. Es schockierte sie, wie wenig dem Terror entgegengesetzt wurde. Ihr Entsetzen über das Wegsehen und Todschweigen gegenüber  Unrecht und Willkür wurde später zum starken Antrieb für ihr politisches Handeln.

„Ich will nicht mehr nur schweigen.“ So begann sie, sich für Menschen zu engagieren, die Unterstützung brauchten, auch über Ländergrenzen hinweg.

 

Auf einer ihr gewidmeten Schautafel in einer Ausstellung über evangelische Frauen des 20. Jahrhunderts in Bayern, die das oft kaum öffentlich wahrgenommene starke kirchliche und gesellschaftliche Engagement von Frauen thematisiert, heißt es:

 

„Die Frau mit einem weiten Herzen öffnete ihr Haus für Gäste aus aller Welt. Sie setzte Zeichen für Gäste aus aller Welt. Sie setzte Zeichen für das Miteinander fremder Kulturen und Religionen. 1980 gründete sie in Regensburg mit anderen den Arbeitskreis „Südliches Afrika“ und organisierte Mahnwachen auf Straßen und Plätzen. Der Arbeitskreis machte auf die Situation der entrechteten schwarzen Bevölkerung Südafrikas aufmerksam und prangerte  die Verflechtung unserer Politik und Wirtschaft an.“

 

Ein ausgeprägtes Rechtsbewusstsein, Mut, Entschlossenheit und ein „langer Atem“ zeichneten sie aus. So wurde auch der Satz, den sie aus ihrer ersten Südafrikareise  mitbrachte: „To risk oneself is to grow“ (sich einsetzen, etwas riskieren, bedeutet zu wachsen) zu ihrem persönlichen Lebensmotto.

 

Lore Gollwitzer ist Oberfränkin, eine Frau, auf die die ganze Region stolz sein kann. Sie hat im Gegensatz zum ehemaligen Landesbischof Hans Meiser aus ihren Erlebnissen im Nationalsozialismus deutliche Konsequenzen gezogen und ihr ganzes weiteres Leben der Völkerverständigung und der Unterstützung benachteiligter und unterdrückter Menschen gewidmet. Sie wurde zu einer engagierten und vorbildlichen Kämpferin gegen Unrecht und Ausgrenzung.

 

Am 29.10.1993 wurde ihr das Bundesverdienstkreuz verliehen. In ihrer Dankesrede sagte sie wörtlich: „Ich bin im Nationalsozialismus aufgewachsen. Ich will nicht noch mal schweigen und in die innere Emigration gehen. Deshalb werde ich mich weiter für den Erhalt demokratischer Rechte einsetzen, gegen den wachsenden Rassismus in unserer Gesellschaft kämpfen und an der Hoffnung festhalten, dass eine Änderung zu mehr Menschlichkeit möglich ist.“ Und dies hat sie getan – bis ins hohe Alter hinein. Am 13.1. 2003 starb sie im Alter von 86 Jahren in Würzburg.

 

Wir denken, dass es Bayreuth als weltoffener Stadt sehr gut ansteht, anstelle von Hans Meiser, der auch nach dem Ende der nationalsozialistischen Terrorherrschaft keine deutlichen persönlichen Worte der Reue und Distanzierung fand, Lore Gollwitzer zu würdigen, die mit ihrem Mut und ihrem entschlossenen Eintritt für demokratische Werte beispielhaft gezeigt hat, was es heißen kann, aus der Geschichte zu lernen.

 

Mit freundlichen Grüßen

Sigrid Engelbrecht  Helmut „Oskar“ BrücknerGert LowackSabine Steininger 



zurück

Aktuelle Termine

Es gibt keine Veranstaltungen in der aktuellen Ansicht.

GRUENE.DE News

<![CDATA[Neues]]>